Wie genau Trump die Wirtschaft (zer)stört
Bereits nach 50 Tagen im Amt gibt es ein böses Erwachen in Amerika
Der Trump-Crash an den Börsen, die Trumpcession, die Trump-Tariffs. Ein Gewusel ohne gleichen und mit keiner klaren Linie in den Medien. Zeit für eine Analyse der ersten 50 Tage der zweiten Amtszeit Trumps. Schauen wir uns mal genauer an, was die Maßnahmen der Trump-Administration mit der Wirtschaft anstellt und warum.
Zölle für oder gegen die heimische Wirtschaft?
Die konsequente Umsetzung von generellen Zöllen mag einige überrascht haben. Andere haben die vielen Ankündigungen während des Wahlkampfes gar wörtlich genommen. Konkret beschlossen wurde bisher Folgendes: 25% auf Importe von Stahl- und Aluminiumwaren aus allen Ländern. 10% Zusatzzölle auf alle chinesischen Importe und für den 2. April hat Trump bereits weitere “reziproke Abgaben” auf eine breitere Gruppe von Ländern angekündigt. Das Kalkül dahinter? Zum einen die amerikanische Nachfrage auf inländische Produkte lenken und zum anderen einen Nährboden zu ebnen, um inländische Produktion in Bereichen aufzubauen, die Amerika nicht mehr bedient (wie z.B. Stahlproduktion). Isoliert betrachtet wären bestimmte Aspekte dieser protektionistischen Politik gewinnbringend, etwa bei Autos. Amerikanische Autohersteller könnten von einer höheren Nachfrage profitieren, wenn importierte ausländische Autos künstlich verteuert würden. Bei einer breiten Palette von essentiellen Vorprodukten und Rohstoffprodukten wie Stahl und Aluminium sieht das hingegen anders aus. Produktionskapazitäten lassen sich nicht einfach binnen kürzester Zeit aus dem Boden stampfen. Dazu fehlen akut nicht nur die Produktionsmittel im Land, auch Fach- und Arbeitskräfte scheinen rar zu sein und bei einer amerikanischen Wirtschaft mit ca. 4% Arbeitslosigkeit – was nicht wenige Ökonomen als nahezu vollbeschäftigt bezeichnen – könnten generell Kapazitäten fehlen. Eine strikte Migrationspolitik, die potentiell billige Arbeitskräfte daran hindert, ins Land zu kommen, wirkt hier zusätzlich bremsend. Ein unmittelbarer Effekt bleibt also aus, nicht jedoch bei den Preisen. Hier sind die 25% Aufschlag unmittelbar zu bezahlen, was einem Preisschockeffekt gleichkommt und auch inländische Investitionstätigkeit bremst. (Reuters) (Zonos) (IfW) (Handelsblatt)
Die Antworten sind das nächste Problem
Die sich ausgerechneten Vorteile sind ohne die durch Handelskriege hervorgerufenen Nachteile gedacht. Antworten von entsprechenden Ländern wurden bereits angekündigt oder werden zeitnah erwartet. Dabei sind ebenfalls Zölle oder andere Handelsbeschränkungen im Gespräch. Gegenzölle wirken dabei vor allem auf die amerikanische Exportwirtschaft, wenn ausländische Konsumenten ihre Nachfrage entsprechend verringern. Dies ist nicht nur auf tatsächlich verhängte Zölle begrenzt, sondern wirkt durch die unberechenbaren Ankündigungen von Trump und die Drohungen der anderen Länder als Antwort auf die wirtschaftliche Unsicherheit, was sich vor allem negativ auf Investitionen auswirkt. (zdf) (ifo)
Kürzungswut im Staatshaushalt
Trump verfolgt einen harten Sparkurs, sowohl bei Fiskalausgaben, als auch bei Staatsangestellten, Programmen und ganzen Ministerien. Seit Trumps Amtsübernahme im Januar wurden bereits über 100.000 Stellen der zivilen Bundesverwaltung abgebaut. Alle Ministerien und Behörden wurden angewiesen, bis Mitte März Pläne für Massenentlassungen vorzulegen. Kritiker warnen hingegen vor den kurzfristigen Schäden für die Wirtschaft. Die abrupten öffentlichen Ausgabenkürzungen wirken ähnlich wie eine Austeritätspolitik und entziehen der Wirtschaft Nachfrage. Allein die Entlassung von 100.000 Staatsbediensteten bedeutet weniger Konsumausgaben dieser Haushalte; zudem verlieren viele Bundesstaaten wichtige Finanzierungsmittel, wenn Programme gestrichen oder Bundesaufträge gecancelt werden. Ökonomen befürchten daher einen Dämpfer fürs BIP-Wachstum 2025. Das Wirtschaftsforschungsinstitut Conference Board schätzt, dass Trumps Ausgabenkürzungen das jährliche Wachstum um bis zu 0,5 Prozentpunkte reduzieren könnten (solche Schätzungen kursieren in Expertenkreisen, sind aber natürlich entsprechend unsicher). Die Federal Reserve Bank of Atlanta prognostiziert für das erste Quartal sogar ein negatives Wirtschaftswachstum von -2,8%. (Reuters) (Politico) (FED Atlanta)
Das Dilemma der Notenbank
Vor Trumps Antritt war das Umfeld gut. Der Arbeitsmarkt zeigte sich robust, die Inflation bewegt sich auf einem niedrigen Niveau und die Konjunktur war in vollem Gange (PRÜFEN). Erste Anzeichen deuten nun auf einen Kurswechsel hin. Die Konjunkturaussichten trüben sich ein, der Arbeitsmarkt könnte erste Anzeichen von Schwäche aufweisen (auch ohne den Stellenabbau im Staatssektor) und die Inflation wird aller Voraussicht nach allein durch die Zölle steigen und perspektivisch einen erneuten Zweitrundeneffekt (durch z.B. nachziehende Gehälter durch Inflationsausgleiche) einleiten. Die amerikanische Notenbank FED stützt sich für ihre Geldpolitik, anders als die europäische, nicht nur auf die Inflationsdaten, sondern auch auf Arbeitsmarktdaten. In einer Umfrage haben fast 60 % der befragten Ökonomen angegeben, dass sich die Inflationsrisiken durch die neuen Zölle zuletzt erhöht haben. Die nun erwartete höhere Inflation bei gleichzeitiger Nachfrageschwäche sowohl in der Binnenwirtschaft (Zölle, Sparpolitik), als auch im Exportsektor (Gegenzölle, verringerte Wettbewerbsfähigkeit durch höhere Produktionskosten), erschweren die Entscheidung für eine klare geldpolitische Richtung und erzeugen weitere Unsicherheit. (Reuters) (Capital)
Die Börsen spiegeln längst vorhergesehene Probleme wider
Zunächst reagierten Investoren noch optimistisch auf die Aussicht einer unternehmerfreundlichen Agenda Trumps – Steuersenkungen und Deregulierung könne das Wachstum ankurbeln. Im November war dieser Trump-Effekt in vielen Börsenkursen sichtbar. Diese rein auf Hoffnung basierte Einpreisung wurde nun vollends (und teilweise darüber hinaus) abverkauft. Anscheinend haben viele Marktteilnehmer nicht erwartet, dass Trump seinen angekündigten harten Protektionismus in dieser Breite durchzieht. Einschätzungen von Ökonomen hinsichtlich den Wahlkampfankündigungen wiesen jedoch schon vorher auf eine nicht zielführende Politik hin und haben mittelfristig einen negativen Effekt auf die amerikanische Wirtschaft prognostiziert.
Sicherlich reagieren die Börsen ebenfalls sehr empfindlich auf Unsicherheit, die Trump mit seiner Art und seinem politischen Stil (milde ausgedrückt), in nicht erwartbarer Weise befeuert. Finanzmarktexperten schätzen zunehmend die erwartbaren negativen Effekte auf die Wirtschaft ein und sagen vermehrt eine Stagflation voraus (was sich mit dem gezeichneten Bild von Inflationsrisiken mit einer gleichzeitig abschwächenden Konjunktur deckt). (Sparkasse) (rnd) (Finanzen.net)
Nur die Glaskugel weiß, ob Trump durchzieht und was die Folgen sein werden
Auf die Worte der amerikanischen Administration ist kein Verlass, so viel sollte in den vergangenen 50 Tagen klar geworden sein. Es bleibt abzuwarten, ob Trump seinen Kurs mit schlechter Aussicht auf kurz- und mittelfristigen Erfolg durchzieht, oder ob es eine Kehrtwende geben wird. Eine dezentrale amerikanische Marktwirtschaft ist nicht nur einfallsreich, sondern sehr robust und agil. Es wäre daher ebenso denkbar, dass auch bei der Weiterführung dieser Politik keine "Katastrophe" eintritt und die nun vermehrt prognostizierte Rezession sich abermals als Fehlprognose erweist. Unterm Strich jedoch wäre es zweifelsohne für die amerikanische sowie für die Weltwirtschaft besser, keine unnötigen Handelskonflikte entstehen zu lassen. Die Geschichte zeigt: Die einzig sichere Wirkung von Handelskriegen ist, dass alle verlieren. (Wirtschaftsdienst)
Infobox:
J.P. Morgan schätzt das Risiko einer Rezession 2025 inzwischen auf rund 40 % (Reuters)
Aus Protest kündigte Ontarios Premierminister Doug Ford an, einen 25 % Aufschlag auf Stromexporte in die USA zu erheben (eine Maßnahme, die über 1 Million US-Haushalte betroffen hätte), falls Trump seine Drohung wahrmache. Diese resolute Antwort aus Kanada trug maßgeblich dazu bei, dass Trump den kurzfristig angekündigten 50%-Zoll wieder zurücknahm (Reuters)
Die EU-Kommission kündigte noch im März Vergeltungszölle auf US-Produkte im Wert von 28 Mrd. $ an. (Reuters)